Donnerstag, 10. März 2016

Dumm wie Brot

Gewisse Buchtitel springen einem einfach ins Auge. Mir passierte das letzte Woche bei einem Besuch in einer Buchhandlung. »Scheiss schlau« stand provokativ auf dem Cover. Ich dachte für mich, dass es wohl erneut eine seichte Welle von provokanten »Gesundheitsbüchern« sei, da mir in letzter Zeit öfters Bücher bezüglich Ernährung und deren Ausscheidungen aufgefallen sind. Das Buch vom Darm, Weizenwampe und Weitere fallen in dieselbe Kategorie. Aber bis dahin hatte ich keines in der Hand und eigentlich bedingt Lust mich mit Fäkalien zu beschäftigen. Meine Expedition in den  Zeitschriftenladen verlief aber frustrierend erfolglos und so suchte ich mir das Buch »Scheiss schlau« als tröstende Trophäe aus.

Langer Rede kurzer Sinn - ich hab mir dann noch das Hörbuch »Dumm wie Brot« runtergeladen und nun bin ich stolze Besitzerin eines unterhaltsamen Wohlstand-Problems. Aufgrund der aufgezeigten Erkenntnisse dieses Herr Perlmutter hab ich entschieden mich auf das Experiment einzulassen.


Ich versuche nun - so gut es geht - mich glutenfrei zu ernähren. Vor Jahren habe ich Schweinefleisch aus meinem Ernährungsplan gestrichen. Es war die Hölle! Keine Schweinekoteletten, null Speckseiten und feiner italienischer Schinken. Zu Beginn war das ein Spiessrutenlauf und Kräftemessen wischen meiner guten Absicht und meinen kulinarischen Vorlieben. Nach 5 Monaten hatte ich keine spontanen Wadenkrämpfe mehr, der saure Magen rebellierte nur noch, wenn ich wissentlich und hoffnungslos unkoordiniert in rauen Mengen Gummibärchen verdrückt habe. Hinzu kamen weiter Beschwerden, die sich einfach nicht mehr blicken liessen, wie zum Beispiel die halbjährlich erscheinende Blinddarmreizung. 

Und nun ist da dieses Buch, welches von Gluten abratet, wenn man gerne chronische Kopfschmerzen hat. Ich habe oft Kopfschmerzen - eigentlich täglich. Nicht in dem Mass, dass ich nicht arbeiten könnte oder Spass haben. Nur eben ein, nenne wir es mal »Grundrauschen« das mich manchmal echt nervt. Also hab ich begonnen mich zu informieren. Wo steckt denn überall Gluten und was sind die Alternativen? 

Das Experiment ist gestartet und ich muss sagen - es ist verdammt unterhaltsam. Ich liebe Spaghettis - Gluten & Kohlenhydrate ahoi! Glutenfreie zu finden ist keine Hexerei - aber das Aufdrehen der Gekochten auf die Gabel. Glutenfreier Nudelteig bricht viel eher und daher sieht dann der Teller aus wie zu Kleinkindzeiten, als die Eltern einem die Nudeln mundgerecht zugeschnitten haben. Ich bin eine absolute Suppenliebhaberin, also probier ich mich nun auch durch das gesamte Angebot von glutenfreien Bouillons. Es gibt glutenfreie Mayonnaise (wie kommt Gluten in die Normale?), die ich wirklich von ganzem Herzen empfehlen kann - als BRECHMITTEL. Gewürzmischungen und Sojasauce enthalten Gluten etc. pp. Das absolut Tollste jedoch ist die Kategorie »Backwaren«. Als kleine Muffinqueen dachte ich nicht, dass es so eine Umstellung sein wird. Dann nimmt man eben glutenfreies Mehl und gut ist. Ich produzierte selbstbewusst den ersten Kampfziegel mit Quarkgeschmack. Das nur noch als Wurfgeschoss einsetzbare Brot war steinhart und »käsig«. Das Bananen-Macadamia-Brot wurde lecker, aber war eigentlich mehr Kuchen wie Brot. Am Maisbrot arbeiten wir noch - da gab es bisher nur Pleiten - dafür gelang ein Cranberry-Hefe-Gugelhupf. Sprich meine Küche gleicht im Moment einem Labor, wo waghalsige kulinarische Experimente stattfinden. 

Da ich nicht immer Lust habe zu kochen gibt es die nächste Herausforderung. Mittagessen in einem Restaurant. Aber da muss ich gestehen, dass ich bisher immer was bekam - meistens steht genau eine Speise auf der Karte, sprich die Abwechslung ist inexistent. Immerhin es gibt was zu essen. Heute gingen wir in ein eher edles Lebensmittelgeschäft mit einer Theke, wo man Essbares fertig gekocht zum Mitnehmen kriegt. 

Leider war die einzige Kennzeichnung bei der Auslage an zwei Speisen das »Vegan-Zeichen«. Also hab ich die Bedienung gefragt, die wiederum fragte den Cheffe, welcher beflissen den »Rezeptordner« mit den Inhaltsangaben holte. Leider waren da die Informationen nicht genau, was ihn zu einem Sprint ins Büro veranlasste, um dies zu klären. Nach mindestens 15 Minuten Hin- und Her wusste man eines ganz sicher: dass sie nichts wussten. 

Der Chef meinte, dass ich dem Laden noch ein Jahr geben solle, dann sei bestimmt alles ausgezeichnet, weil dies nun auch vom Gesetz her vorgeschrieben sei. Ich grinste und habe mir fest vorgenommen nun wöchentlich dort vorbeizuschauen und herauszufinden, wie lange »ein Jahr« geht, wenn ich jedes Mal frage ;-) Das wird bestimmt lustig!

Aber auf der anderen Seite ist es traurig, dass es ein Gesetz braucht, um ein Kundenbedürfnis »in die Läden« zu bringen. Wieviel Aufwand bedeutet es, zu dem »Vegan«-Label noch ein »Glutenfrei« und »Lactosefrei«-Label zu kreieren? Man kennt die Zutaten und Inhaltsstoffe. Also ist es keine Hexerei, die Speisen entsprechend zu kennzeichnen. Nur eine Frage, ob man kunden- und lösungsorientiert arbeitet oder eben nicht. 

Ich bin sicher, dass viele »Betroffene« den Weg zur Theke gar nicht erst antreten, weil sie nichts anderes erwarten, wie die aktuelle Situation. Eigentlich schade - als Early-Bird einer so unkomplizierten Massnahme, könnten sich Geschäfte und Restaurants gut Punkte holen bei ihren Kunden. Die Labels für die Speisebeschriftung oder die Menükarten müssen eh gedruckt werden, wieso nicht gleich mit ein paar aussagekräftigen Piktogrammen?

In unserer modernen Gesellschaft steigt der Anteil der Allergiker stetig und das ist wirklich kein Geheimnis. Wieso um alles in der Welt sind die sonst so kreativen Köpfe im Marketing diesbezüglich so dermassen langsam und ideenlos? Vielleicht würde ja eine 4-monatige Fastenkur bezüglich Gluten und Kohlenhydrate helfen ;-))))